Montag, 5. Juli 2010

Es war einmal und dann nicht mehr

Alles fing mit einer jacke an. Und hosen. Ich denke die hosen sind vielen am wichtigsten. Und weil ich den ganzen trubel nicht verstehen kann fädeln wir das ganze doch einfach mal auf und werfen gleichzeitig einen blick auf ein ziemlich altes, und nun wieder in mode gekommenes, popkultur-phänomen: den reboot.
Kanon und Kontinuität
Lange zeit hatte ich angenommen das wären allgemein bekannte begriffe, aber nach einem gespräch mit kage vor einer ganzen weile stellte ich das gegenteil fest. Also nochmal von vorn. Serien/filme/comics und so ziemlich alles andere was sich im bereich fortlaufender medien befindet unterliegt einem übergreifenden kanon. Jeder von uns weiss das Star Wars Episode 3 vor Star Wars Episode 6 spielt und das nichts in den späteren teilen dinge in den ersten wiederlegen sollte. Anakin Skywalker ist Darth Vader. Das ist kanon. Luke wuchs mit seiner tante und seinem onkel auf und nicht mit seiner schwester und seiner mutter. Das ist kontinuität. Komplizierter wird es bei medien mit weiterfortlaufenden geschichten. Superman Comics werden seit über siebzig jahren produziert und natürlich rutscht da mal das ein oder andere durch. Kein autor kann jeden comics in den letzten siebzig jahren gelesen haben und so wird es kompliziert für den leser zu unterscheiden was nun ein fehler in der kontinuität ist oder ein reboot oder ein retcon(dazu kommen wir gleich). Aus diesen grund gibt es viele geschichten mit populären charakteren die außerhalb der kontinuität spielen. Diese sind also ungebunden von jegwedem kanon und können trotzdem bekannte charaktere und themen verwenden. Superman: Red Son wäre so ein beispiel, indem superman als baby statt in kansas im kommunistischen rußland landete. Die geschichte benutzt bekannte charaktere aber niemand würde sie als mainstream-kanon bezeichnen und sie wird wohl nie in einem mainstream superman-comic erwähnung finden.

Retcon und Reboot
Der begriff reboot dürfte wiederum einigen bekannt sein, im gegensatz zu retcon. Ein retcon ist im grunde eine leichte korrektur der vergangenheit einer geschichte oder eines charakters. Zum beispiel war es lange zeit kanon das batmans mutter nicht erschossen wurde sondern kurz nach dem tod ihres ehemanns an gebrochenem herzen starb. Das beide erschossen wurden war also eine leichte korrektur, ein sogenannter retcon. Ein reboot hingegen ist eine völlige auslöschung der vergangenheit und ein darauf folgender wiederaufbau. Batman Begins war ein reboot für das Batman film-franchise und Casino Royale ein reboot für das James Bond film-franchise. Die beste art einen reboot zustande zu bringen ist die besten aspekte der früheren version beizubehalten und die restlichen aspekte anzupassen bzw zu modernisieren. Dies geschieht in comics sehr häufig da diese oft darauf angewiesen sind das sie für den leser ihre aktualität behalten. So kann man davon ausgehen das alle zehn jahre eine neue version von batmans oder supermans origin herauskommt(siehe zuletzt Batman: Year One und Superman: Secret Origins). Diese modernisieren oft nur einige aspekte der story behalten aber den großteil der ereignisse bei um den rest der kontinuität nicht allzuschwer zu belasten. Man stelle sich vor superman hätte plötzlich am anfang seiner karriere seiner großen liebe Lois Lane das genick gebrochen. Siebzig jahre an stories am arsch! Casino Royale ist ein gutes beispiel wie ein reboot nicht aussehen sollte. Alle guten aspekte des charakters und seiner geschichten wurden zum fenster rausgeworfen und sämtliche anderen filme ergeben plötzlich keinen sinn mehr.
Wonder Womans neues "Kostüm"
Vor einigen tagen stellte dc-comics ein neues kostüm für ihren charakter Wonder Woman vor. Dem kostüm-wechsel liegt ein schwerer reboot des gesamten franchises zugrunde der vielen fans des charakters gegen den strich geht. Es sollte an dieser stelle gesagt sein das viele comic-fans ihre lieblings-charaktere wie fußballmanschaften verfolgen. Egal wer gerade batman schreibt und/oder zeichnet, seine fans verfolgen die serie weiter, genauso wie es egal ist wer gerade beim FC Bayern spielt, ihre fans werden da sein und von der tribüne aus weiterjubeln. Und sollte jemand auf die idee kommen den verein umzubenennen, die trikots zu ändern oder ihnen eine sumpf-ratte zum maskotchen zu geben? Irgendjemand würde bestimmt aufstand schieben. Und so ist es mit comic-charakteren. Jede änderung trifft auf positive und negative reaktionen mit der großen ausnahme der wonder woman-fans. Lustiger fakt: wonder woman fans hassen wonder woman! Der charakter entstand um das jahr 1940 herum und war bei weiten nicht der erste weibliche comic-charakter oder die superheldin oder gar der erste weibliche charakter mit superkräften. Sie war einfach da. Und sie hielt sich relativ populär. Relativ. Ihre serie war nie der größte erfolg oder auch nur ungewöhnlich populär, aber sie hielt sich auf einem konstanten level. Die fans blieben nicht wegen den stories, sie blieben weil wonder woman für sie so etwas wie der pen-ultimative weibliche comic-charaktere war. Und(angeblich) gibt es ja nur sehr wenige weibliche superhelden(nicht wirklich) und natürlich kriegen die nie wirklich eine chance ihren verlägen geld einzubringen(...was?). Jedenfalls musste DC bald feststellen das egal was sie taten, wonder woman sich nicht besser verkaufte. Verließen sie zu sehr die gewohnten gefilde des charakters schoben die fans aufstand(meist die, welche die serie nicht einmal lasen), blieben sie beim grundmaterial schoben die fans ebenfalls aufstand, denn ganz offensichtlich gab DC sich keine mühe den charakter populär zu halten. Ein teufelskreis von einer zwickmühle. Egal was DC tat, die fans fanden irgendwas auszusetzen und das internet ist voll von chatrooms und boards die die verwerflichen fehlgriffe des wonder woman titels zum thema haben. Vor allem ging es dabei um ihr kostüm. Ein kostüm das definitiv unlogisch und antifeminin ist und niemand jemals tragen würde. Dass das kostüm tatsächlich von einer bekannten feministin erster wahl designed wurde und jede änderung daran über die jahre nur in negativen verkaufzahlen endete wird dabei außer acht gelassen. So kommen wir ins jahre 2010. Derzeitige wonder woman autorin Gail Simone hat den charakter abstürzen lassen wie kaum ein autor zuvor. Verkaufzahlen gingen über 50% zurück und dabei versuchte simone ganz eindeutig das zutun was die fans seit jahren gefordert hatten. Fakt war nun einmal, die stories waren langweilig. Und das sage ich nicht nur so, ich besitze die ersten drei trade-collections der serie und habe sie insgesamt einmal gelesen. Das ist ein persönlicher tiefpunkt. Reviews der serie waren ingesamt schlecht und eigentlich hätte DC die serie einstellen sollen, aber konnten sie das? Nein. Der PR-schaden den DC dadurch erlitten hätte wäre gigantisch gewesen. Man stelle sich die schlagzeilen vor "DC killt populärsten weiblichen Charakter aller zeiten!". Also was tun? Die serie unter simone weiterlaufen lassen bis sie nur noch verluste macht? Einen anderen autor dran setzen der auf dieselbe art und weise alles weiterführt und hoffen das die fans umgestimmt werden können? Oder einen autor besorgen der das gesamte franchise von einem ganz neuen standpunkt aus betrachtet und den charakter mit einigen änderungen wieder populär macht? Die letzte möglichkeit war definitiv die risikoreichste aber auch am erfolgsversprechende, also beauftragte DC den bekannten autor JMS(eine allgemein gebräuchliche abkürzung seines namens, ich habe nämmlich keine ahnung wie man den voll ausschreibt) sich dem titel und charakter anzunehmen und zu sehen was er machen kann. Das ergebnis ist ein kompletter reboot des franchises, inklusive eines neuen kostüms für wonder woman(siehe rechts). Siebzig jahre voller fan-spekulation und tausenden von neu-designs für das kostüm und was ist die reaktion der fans wenn wonder woman endlich hosen trägt und nicht mehr wie eine stripperin aussieht? ...nicht gut. In den letzten paar tagen habe ich so ziemlich alles gehört(ohne selbst auch nur das thema anzuschneiden) von "OMG, JMS killed Wonder Woman!" bis zu dingen die ich lieber nicht wiederholen will, inklusive der kommentare einiger feministinnen die dem archetype der labilen-furie enstsprechen. Denkt irgendwer tatsächlich das DC Wonder Woman hosen verpasst weil sie ihre rolle als weibliches vorbild zerstören wollen? Und natürlich das beste argument aller zeiten:"Das würden sie mit ihren männlichen helden niemals tun!!!" ...okay, also ignorieren wir jetzt offziel die storyline in der superman für ein jahr lang aus blauer elektrizität bestand oder die in der superman ein jahr lang querschnittsgelähmt war? Oder das ende von Final Crisis in der batman starb??? Hosen sind also schlimmer anzusetzen als der tod eines charakters? Wie gesagt, comicfans sind eine ziemlich paranoide gemeinschaft. Aber das bringt uns zu einem weiteren phänomen der popkultur, den Soft-Reboot.

Der Soft-Reboot
Im gegensatz zum vollständigen reboot ist ein soft-reboot eine weitaus weniger schwerwiegende sache. Ein soft-reboot kann zwei formen annehmen: 1.das besagte franchise wird neu gestartet befindet sich aber in einem solchen zustand das rein theoretisch vorherige stories immer noch in derselben kontinuität stattgefunden haben könnten. Das wird oft bewirkt in dem der reboot einige jahre nach bzw einige jahre vor den ursprünglichen stories spielt. Superman Returns wäre ein beispiel. Rein theoretisch könnten die filme Superman 1-4 vor Returns spielen aber es ist nicht notwendig da referenzen nur sehr ungenau und an der seite gezogen werden und returns zehn jahre nach Superman 2 spielen müsste.
2.ein nicht dauerhafter reboot, wie im falle von JMS neuer wonder woman storyline. Das franchise wird durch eine story innerhalb der serie rebootet mit der aussicht das der status-quo am ende wiederhergestellt werden könnte. In Wonder Womans fall wurde ihre vergangenheit in der neuen storyline durch einen eingriff göttlicher mächte verändert und ihre aufgabe ist es den status quo wiederherzustellen, auch wenn sie keine erinnerung an ihren eigentlichen ursprung hat. Je nachdem wie lange die storyline also laufen wird, wir können davon ausgehen das am ende alles wieder beim alten sein wird. Oder etwas nicht? JMS hat bereits zu erkennen gegeben das einige elemente der neuen storyline in den aktiven kanon zurückfallen werden, je nachdem was sich als populär ergibt. Können sich die fans an das neue kostüm gewöhnen? Wenn ja dann wird es wohl noch eine weile bleiben. Und das ist auch so ziemlich der grund warum meine meinung von hardcore wonder woman-fans nie geringer war. DC gibt euch eine möglichkeit eine neue version eures lieblings-charakters zu sehen(deren abenteuer ihr ja nie gekauft habt) ohne das es zwingend irgendwelche konsequenzen haben muss und gleichzeitig könnt ihr mit eurem geld wählen welche element am ende verbleiben sollen. Gefällt euch ein charkater der neuen kontinuität? Gebt DC bescheid. Euch gefällt das neue kostüm? Gebt DC bescheid. Das ist eine einmalige gelegenheit für das franchise und die fans, und die best mögliche art wieder leben in die welt von Wonder Woman zu bringen.

Ein Reboot? Pro oder Contra?
Reboots haben ihr gutes und ihr schlechtes. Zum einen können sie stories erneuern und modernisieren und charaktere wieder relevant für ein junges publikum machen(Batman Begins). Zum anderen können sie ältere fans enttäuschen und verstören(Casino Royale). Im grunde obliegt es schließlich doch den autoren und firmen die sich im besitzt der rechte befinden. Immerhin müssen die geld verdienen um ihren fans weiter die abenteuer ihrer lieblings-figuren präsentieren zu können und schließlich verschwinden die alten stories dadurch nicht. Egal wie oft James Bond rebootet wird, Dr No und Goldfinger werden immer noch zu finden sein und das publikum erfreuen. Mein rat in jedem fall: abwarten und sehen was kommt. Soft-Reboots erscheinen häufiger als man denkt.
Later aligator...

Arctis J. Crawford
(05.07.10)

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